Dienstag, 26. Juni 2007, zweiter Tag:
Werkedam - Wesel:
Um 4.30 Uhr ist die Nacht rum. Trotz der etwas unbequemen Lage auf dem harten Kabinenboden war sie erholsam, der Schlaf tief, ein leichtes Schnarchen für den Rest der Crew, wie ich höre, nicht weiter störend. Der Morgen ist grau, es nieselt.
Lärmendes Vogelgezwitscher wie zu Hause um diese Zeit sucht man vergebens. Bis alles zum Ablegen klar ist, wird es 4.50 Uhr. Wir nehmen Kurs auf die Beneden Merwede, die zur Waal führten, einer der Mündungsarme des Rheins. Um 6.10 Uhr serviert Smutje Gerd die erste Tasse Kaffee. Man sieht ihr an, dass er von Haus Teetrinker ist. An der Dosierung des Kaffeepulvers soll noch gearbeitet werden. Heinz Schleßmann steht längst hinter dem Steuerrad. Ein stürmischer Westwind treibt uns trotz starker Strömung die Waal hinaus – mit neun Stundenkilometern.
Eier und Speck zum Frühstück um 7.30 Uhr, und danach selbst gemachte Marmelade. Die Mannschaft beschließt, dem Koch die vergessenen Wasserkanister zu verzeihen. Sagen will man ihm das nicht, um seine Motivation nicht zu gefährden.
Bis dahin haben Jürgen Gross und ich schon kräftig den Kabinenboden bearbeitet. Alles was ein Baumarkt so hergibt, wurde da im Lauf von Jahrzehnten drauf gekleistert. Der bergmännische Abbau von vollflächig verklebtem Linoleum erweist sich als Tortour. Ich rede mir ein, die monotone Schinderei habe etwas Meditatives an sich.
Um 10.20 Uhr lassen wir die Thiel-Schleuse zum Amsterdam-Rhein-Kanal backbord, also links, liegen. Als zweites Frühstück reicht der Koch Brote mit Speckwurst und Salami, fett und herzhaft. Anschließend gibt’s Espresso. Wie er das hingekriegt hat, fragt sich die Mannschaft mit Staunen. Bloß den Zucker, für mich unverzichtbar, hat er nicht dabei.
Um 12 Uhr erreichen wir Dodewaard, Rheinkilometer 900.
Gerechnet wird diese Entfernung ab Konstanz, Mitte Rheinbrücke, klärt mich Heinz Schleßmann auf. Die Mündung bei Rotterdam trägt Rheinkilometer 1032.
13.05 Uhr, kleines Glück auf großer Fahrt. Wir überholen den Schubverband Antonia, das erste Schiff, dass unserem Tempo nicht gewachsen ist. Wir schaffen noch immer einen Durchschnitt von neun Sachen. Selbst der Kapitän staunt. 13.45 Uhr: Kilometer 883; 14.45 Uhr: Kilometer 874. Rückwärts zählen verwirrt. Das Wetter wechselt fast minütlich von verhalten sonnig zu patschnass. Smutje Gerd bekämpft seine Langeweile mit Kaffee kochen.
Bis zum späten Nachmittag wollen wir die deutsche Grenze erreichen. Bei 16 Stunden Fahrt am Tag lassen sich auch mit wenig Tempo viele Flusskilometer schlucken.
Wir haben den Rhein gesehen. Nachdem wir uns über die Mündungsarme nach oben gearbeitet haben, taucht sein Name zum ersten Mal auf der Karte auf. Millingen a/d Rijn heißt die Stadt backbord voraus, also links. Die Landschaft hier ist gespickt mit militärischen Anlagen aus früherer Zeit. Zu den eindrucksvollsten gehört die Bunkeranlage am Pannerdenschen Kopf. Mit Gras überwachsende Betonklötze, die Geschützluken nach Osten gerichtet. Die deutsche Grenze kann nicht mehr weit sein. Heinz Schleßmann erzählt, dass hier bis in die 60er Jahre noch eine Sperre installiert war, die den Rhein abschotten sollte, damit das platte Land überflutet und unpassierbar wird.
Um 15.50 Uhr erreichen wir die Grenze bei Lobith bei Kilometer 863, früher niederländische Grenzstation.. Links Holland, rechts Deutschland – sieben Kilometer lang bleibt der Rhein Grenzfluss.
16.20 Uhr, bei Kilometer 860 ein letzter Blick auf niederländisches Hochgebirge. 42 Meter ragt das wuchtige Massiv über der Meereshöhe, sagt Heinz Schleßmann. 20 Minuten später kommt bei Emmerich die erste deutsche Brücke in Sicht, wie so viele Rheinübergänge von zwei mächtigen Pylonen getragen.
Jürgen Gross steht am Ruder. Schräger Wind von hinten und der Sog der großen schnelleren Schiffe verursacht Kreuzsee, gemeint sich wilde Strömungen aus allen möglichen Richtungen, die mit der Nixe spielen. Jürgen hat alle Hände voll zu tun, das Schiff nicht verfallen, das heißt vom rechten Weg abweichen zu lassen. Dafür schiebt uns der Wind kräftig vor sich her.
16.45 Uhr, Kilometer 856. Die Deutschlandfahne am Heck des Schiffes hat unter der Kraft des Windes mächtig gelitten. Dafür hat sich das Problem mit dem Bilgenalarm erledigt. Die Bilge ist das hintere Stück des Rumpfes. Ruder und Schraubenwellen führen hier nach außen. Wenn die Wellendichtung nicht tut, was ihr Name sagt, säuft der Motor ab. Obwohl der Alarm leuchtet, ist die Bilge trocken. Scheinbar hängt der seit langem nicht benutzte Schwimmer. Ein starker Schlag auf den Boden des Steuerstandes und die Warneinrichtung funktioniert wieder. Wir machen das Licht mit dem Hammer aus.
Auch die übrigen Instrumente funktionieren wieder, nachdem sie am ersten Tag noch ihren Dienst verweigert hatten. Was eine neue Sicherung doch alles auszurichten vermag.
17.35 Uhr, Kilometer 849 und eine Geschwindigkeit von 8,5 Kilometern in der Stunde. Jürgen klärt auf, dass ein Millimeter Eisen zehn Millimeter Rost ergibt. Wir sind erleichtert. Es müsste noch genügend Stahl vorhanden sein.
Um 18.25 Uhr begegnet uns steuerbord voraus der Schnelle Brüter von Kalkar, Milliardengrab und ideologischer Zankapfel für Generationen. Den stillgelegten Rohbau der Atomanlage hat zwischenzeitlich ein Holländer gekauft und will ihn zum Vergnügungspark umbauen. Vom Kühlturm aus prangt eine gemalte Alpen-Idylle ins ebene Land – daneben ein buntes Mini-Riesenrad. Wunderschön.
Das Wetter ist so schlecht wie den ganzen Tag, nass und kühl. Es tröstet uns, dass es in Ochsenfurt noch schlechter sein soll. Dafür ist unser Kurs jetzt Südost. Die Oberfläche des Flusses hat sich beruhigt. Die Nixe liegt ruhig auf Kurs – Auch der Steuermann kann sicht jetzt etwas entspannen.
Aus der Schlaf-Wasch-Wohn-Kombüse verteilt sich ein angenehmer Duft. Stundenlang hat er geschnippelt und geschabt, unser Koch, ein zufriedenes Lächeln im Gesicht. Jetzt schmoren Hühnerkeulen über Tomatensoße in einem etwas zu schmalen Topf. Das Menü, so erfahren wir, setzt einen Kontrapunkt zum Cholesterin überladenen Frühstück mit Eiern und Speck. Die Hühnerbeine kommen von daheim, die Tomaten aus Segnitz, die Kartoffeln aus Holland, das Olivenöl aus der Toskana und der Wein, ein 2000er Blauer Zweigelt, aus dem Burgenland. Die vergessenen Wasserkanister seien Gerd, dem Koch, nun endgültig verziehen.Gegen 21.30 Uhr erreichen wir Wesel. Es dauert eine Weile, bis wir im Hafen Emmelsum, eingangs des Wesel-Datteln-Kanals, einen Liegeplatz zwischen zwei Frachtern finden. Anlegen um 22.15 Uhr, Katzenwäsche, ein Bier an Deck, um 23 Uhr stecken alle in ihren Schlafsäcken. Wird sind bei Kilometer 813, macht 147 Kilometer in etwas mehr als 17 Stunden Fahrzeit. Macht 8,5 Stundenkilometer im Schnitt, mehr war nicht zu erwarten.
Eier und Speck zum Frühstück um 7.30 Uhr, und danach selbst gemachte Marmelade. Die Mannschaft beschließt, dem Koch die vergessenen Wasserkanister zu verzeihen. Sagen will man ihm das nicht, um seine Motivation nicht zu gefährden.
Bis dahin haben Jürgen Gross und ich schon kräftig den Kabinenboden bearbeitet. Alles was ein Baumarkt so hergibt, wurde da im Lauf von Jahrzehnten drauf gekleistert. Der bergmännische Abbau von vollflächig verklebtem Linoleum erweist sich als Tortour. Ich rede mir ein, die monotone Schinderei habe etwas Meditatives an sich.
Um 10.20 Uhr lassen wir die Thiel-Schleuse zum Amsterdam-Rhein-Kanal backbord, also links, liegen. Als zweites Frühstück reicht der Koch Brote mit Speckwurst und Salami, fett und herzhaft. Anschließend gibt’s Espresso. Wie er das hingekriegt hat, fragt sich die Mannschaft mit Staunen. Bloß den Zucker, für mich unverzichtbar, hat er nicht dabei.
Um 12 Uhr erreichen wir Dodewaard, Rheinkilometer 900.
Gerechnet wird diese Entfernung ab Konstanz, Mitte Rheinbrücke, klärt mich Heinz Schleßmann auf. Die Mündung bei Rotterdam trägt Rheinkilometer 1032.
13.05 Uhr, kleines Glück auf großer Fahrt. Wir überholen den Schubverband Antonia, das erste Schiff, dass unserem Tempo nicht gewachsen ist. Wir schaffen noch immer einen Durchschnitt von neun Sachen. Selbst der Kapitän staunt. 13.45 Uhr: Kilometer 883; 14.45 Uhr: Kilometer 874. Rückwärts zählen verwirrt. Das Wetter wechselt fast minütlich von verhalten sonnig zu patschnass. Smutje Gerd bekämpft seine Langeweile mit Kaffee kochen.
Bis zum späten Nachmittag wollen wir die deutsche Grenze erreichen. Bei 16 Stunden Fahrt am Tag lassen sich auch mit wenig Tempo viele Flusskilometer schlucken.
Wir haben den Rhein gesehen. Nachdem wir uns über die Mündungsarme nach oben gearbeitet haben, taucht sein Name zum ersten Mal auf der Karte auf. Millingen a/d Rijn heißt die Stadt backbord voraus, also links. Die Landschaft hier ist gespickt mit militärischen Anlagen aus früherer Zeit. Zu den eindrucksvollsten gehört die Bunkeranlage am Pannerdenschen Kopf. Mit Gras überwachsende Betonklötze, die Geschützluken nach Osten gerichtet. Die deutsche Grenze kann nicht mehr weit sein. Heinz Schleßmann erzählt, dass hier bis in die 60er Jahre noch eine Sperre installiert war, die den Rhein abschotten sollte, damit das platte Land überflutet und unpassierbar wird.
Um 15.50 Uhr erreichen wir die Grenze bei Lobith bei Kilometer 863, früher niederländische Grenzstation.. Links Holland, rechts Deutschland – sieben Kilometer lang bleibt der Rhein Grenzfluss.
16.20 Uhr, bei Kilometer 860 ein letzter Blick auf niederländisches Hochgebirge. 42 Meter ragt das wuchtige Massiv über der Meereshöhe, sagt Heinz Schleßmann. 20 Minuten später kommt bei Emmerich die erste deutsche Brücke in Sicht, wie so viele Rheinübergänge von zwei mächtigen Pylonen getragen.
Jürgen Gross steht am Ruder. Schräger Wind von hinten und der Sog der großen schnelleren Schiffe verursacht Kreuzsee, gemeint sich wilde Strömungen aus allen möglichen Richtungen, die mit der Nixe spielen. Jürgen hat alle Hände voll zu tun, das Schiff nicht verfallen, das heißt vom rechten Weg abweichen zu lassen. Dafür schiebt uns der Wind kräftig vor sich her.
16.45 Uhr, Kilometer 856. Die Deutschlandfahne am Heck des Schiffes hat unter der Kraft des Windes mächtig gelitten. Dafür hat sich das Problem mit dem Bilgenalarm erledigt. Die Bilge ist das hintere Stück des Rumpfes. Ruder und Schraubenwellen führen hier nach außen. Wenn die Wellendichtung nicht tut, was ihr Name sagt, säuft der Motor ab. Obwohl der Alarm leuchtet, ist die Bilge trocken. Scheinbar hängt der seit langem nicht benutzte Schwimmer. Ein starker Schlag auf den Boden des Steuerstandes und die Warneinrichtung funktioniert wieder. Wir machen das Licht mit dem Hammer aus.
Auch die übrigen Instrumente funktionieren wieder, nachdem sie am ersten Tag noch ihren Dienst verweigert hatten. Was eine neue Sicherung doch alles auszurichten vermag.
17.35 Uhr, Kilometer 849 und eine Geschwindigkeit von 8,5 Kilometern in der Stunde. Jürgen klärt auf, dass ein Millimeter Eisen zehn Millimeter Rost ergibt. Wir sind erleichtert. Es müsste noch genügend Stahl vorhanden sein.
Um 18.25 Uhr begegnet uns steuerbord voraus der Schnelle Brüter von Kalkar, Milliardengrab und ideologischer Zankapfel für Generationen. Den stillgelegten Rohbau der Atomanlage hat zwischenzeitlich ein Holländer gekauft und will ihn zum Vergnügungspark umbauen. Vom Kühlturm aus prangt eine gemalte Alpen-Idylle ins ebene Land – daneben ein buntes Mini-Riesenrad. Wunderschön.
Das Wetter ist so schlecht wie den ganzen Tag, nass und kühl. Es tröstet uns, dass es in Ochsenfurt noch schlechter sein soll. Dafür ist unser Kurs jetzt Südost. Die Oberfläche des Flusses hat sich beruhigt. Die Nixe liegt ruhig auf Kurs – Auch der Steuermann kann sicht jetzt etwas entspannen.
Aus der Schlaf-Wasch-Wohn-Kombüse verteilt sich ein angenehmer Duft. Stundenlang hat er geschnippelt und geschabt, unser Koch, ein zufriedenes Lächeln im Gesicht. Jetzt schmoren Hühnerkeulen über Tomatensoße in einem etwas zu schmalen Topf. Das Menü, so erfahren wir, setzt einen Kontrapunkt zum Cholesterin überladenen Frühstück mit Eiern und Speck. Die Hühnerbeine kommen von daheim, die Tomaten aus Segnitz, die Kartoffeln aus Holland, das Olivenöl aus der Toskana und der Wein, ein 2000er Blauer Zweigelt, aus dem Burgenland. Die vergessenen Wasserkanister seien Gerd, dem Koch, nun endgültig verziehen.Gegen 21.30 Uhr erreichen wir Wesel. Es dauert eine Weile, bis wir im Hafen Emmelsum, eingangs des Wesel-Datteln-Kanals, einen Liegeplatz zwischen zwei Frachtern finden. Anlegen um 22.15 Uhr, Katzenwäsche, ein Bier an Deck, um 23 Uhr stecken alle in ihren Schlafsäcken. Wird sind bei Kilometer 813, macht 147 Kilometer in etwas mehr als 17 Stunden Fahrzeit. Macht 8,5 Stundenkilometer im Schnitt, mehr war nicht zu erwarten.
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